Frauen bei der Bundeswehr, Soldatinnen in einer Männerwelt - darüber habe ich euch ja schon ein paar Mal erzählt. Ihr wisst auch, dass „Gesichter des Lebens“ dennoch immer wieder versucht, die Vielfalt in der Bundeswehr darzustellen.
Daher freue ich mich heute, eine Soldatin porträtieren zu dürfen und sie euch hier vorzustellen. Mein Gegenüber trägt eine Uniform, bestehend aus weißem Hemd und dunkelblauer Hose. Somit ist dem Kenner klar, es ist eine Marinesoldatin. Und das, was sie trägt, nennt sich „erste Geige“, dabei handelt es sich um den Dienstanzug der Marine.
Jetzt fragt ihr euch, woher dieser Begriff kommt. Jürgen sagt, dass es sich um den besten Anzug bei der Marine handelt und somit die erste Garnitur darstellt. In diesem Anzug begeben sich die Soldaten zum Landgang. Übrigens Landgang heißt es immer, wenn die militärische Einrichtung, egal ob Schiff oder Kaserne, verlassen wird. Und aus dieser ersten Garnitur wurde halt umgangssprachlich die „erste Geige“. Klingt einfach und irgendwie logisch. Im Winter würde dann noch der Marine Colani getragen, dies ist ein Tuchmantel in dunkelblau mit goldenen Knöpfen.
Jetzt aber zurück zu meinem Gegenüber die ich in Bad Münstereifel getroffen habe.
Anke , so heißt unser neues „Gesichter des Lebens“ stellt sich euch vor. „Ich komme gebürtig von der Küste aus Stralsund, bin 43 Jahre alt und hab schon immer viel Sport gemacht,“ beginnt sie mit ihrer ruhigen Stimme. Anke wollte unbedingt zur Marine, es durfte halt kein Bürojob sein und ist einige Jahre zur See auf einer Fregatte gefahren. Nachdem sie einige aufregende Touren, von denen sie mir fesselnd erzählt, gemacht hat, ist es ruhiger geworden und sie ist in das Personalmanagement im Bonner Raum gewechselt.
Da Laufen eine ihrer Leidenschaft ist, ist sie Mitbegründerin des Vereins Laufteam Bundeswehr und Reservisten e.V. gewesen. Hier konnte sie Laufen und Helfen miteinander verbinden. Der Verein wuchs und wuchs und ist mittlerweile aus der Vereinswelt innerhalb der Bundeswehr nicht mehr wegzudenken. Anke ist heute nicht mehr in der ersten Reihe, sondern begeisterte Teilnehmerin bei den veranstalteten Spendenläufen.
Wenn man so an der Küste groß geworden ist, ist die Seefahrt eigentlich schon mit in die Wiege gelegt worden. So war es bei Anke auch. Als 2001 die Laufbahn für Frauen auch in der Marine geöffnet wurde, hat sie nicht lange überlegt und sich verpflichtet. Ein Highlight war dabei natürlich die Gorch Fock, das Aushängeschild der Bundeswehr. Es ist ein stattlicher Dreimaster, den die Marine als Schul- und Repräsentationsschiff bis heute nutzt. Auf der Gorch Fock war Anke Segeloffizier und bildete Offiziersanwärter, ihr würdet Lehrlinge oder Auszubildende dazu sagen, aus.
Für sie war es aber auch ein trauriges Kapitel, da es einen Unfall mit einem Todesopfer gab. Ich merke an der Veränderung ihrer Stimme, dass es Anke auch heute noch schwer belastet. Trotzdem frage ich noch mal vorsichtig nach. Sie erzählt vom Wechsel, der Veränderung ihrer Arbeit, die neuen Kameraden, aber auch den zivilen Kollegen und den aufkommenden Spaß in der neuen Aufgabe.
Ich frage Anke nach ihrem Dienstgrad, da ich ja weiß, dass die Marine andere Bezeichnungen haben. „Ich bin jetzt Fregattenkapitän und Personalstabsoffzier im Streitkräfteamt,“ erzählt sie mir stolz. Um es etwas zu erklären, der Fregattenkapitän, ist ein Stabsoffizier vergleichbar eines Beamten im höheren Dienst und würde beim Heer oder Luftwaffe Oberstleutnant heißen. Als Personalstabsoffizier verwaltet sie die Soldaten des Streitkräfteamtes, dazu gehören zum Beispiel Versetzungen, Beförderungen oder Beurteilungen zu bearbeiten.
Anke ist sich sicher, auch wenn sie körperlich nicht die Größte und Frau ist, kann sie die Aufgaben genauso bewältigen wir ihre männlichen Kameraden. Mich interessiert natürlich, warum dann der Frauenanteil stagniert und nicht steil nach oben geht. Für Anke gibt es da einige Gründe, einer ist die Vereinbarkeit von Familie und Dienst. Entbehrungen und Abwesenheiten lassen ein geregeltes Familienleben nicht immer zu und diese Umstände sind für Frauen oft ein Handicap, um zur Bundeswehr zu gehen. Es ist schon viel gemacht worden, aber aus Anke‘s Sicht ist da noch Luft nach oben, wenn auch hier Grenzen gesetzt sind.
„Ich geb niemals auf, ich will keine Hilfe annehmen und bin sehr ehrgeizig … das musste ich erst lernen,“ beschreibt sie sich selbst, rückblickend auf den notwendigen Schnitt, weg von der Marine, in ihrem Leben. Ihr müsst euch ihre Tipps anhören, denn ihr Dickkopf, wie sie selbst sagt, musste einiges akzeptieren, um im Leben weiterzukommen.
Um viel mehr von Anke zu erfahren,
hört dazu gerne auch das Interview zum Shooting hier auf der Website.
Unser Gespräch während des Shootings habe ich aufgenommen und ich veröffentliche es hier.
Zuhören ist ein wichtiger Teil unseres Fotoprojektes „Gesichter des Lebens“.
Heute ist Anke Berufssoldat und erkennt sehr gut die notwendigen Wege, die zu gehen sind, um Soldaten zur Bundeswehr zu bekommen und sie dort zu halten. Sie selbst hat ihren Spaß an ihrem Beruf und wünscht sich, dass es noch lange so bleibt. Liebe Anke, danke, dass du am Tisch von „Gesichter des Lebens“ Platz genommen hast. Ich freue mich, dass du dabei bist, und wünsche dir alles Gute für deine Zukunft.
Es schliesst sich für mich ein weiterer Kreis als Mensch und als Fotografin. Beim Fotografieren braucht es Empathie um Menschen zu berühren, zu verbinden, sichtbar zu machen. Mit meinem fotografischen Blick auf die Menschen, Soldaten, Veteranen und ihren Wegbegleitern gehe ich immer weitere Schritte.
Zu wissen das unser Projekt "Gesichter des Lebens" dabei wächst, macht mich stolz, da ich Menschen liebe und gerne fotografiere. Soldat und Veteran sein heisst auch: Mensch sein. Sehen-Spüren-Fühlen. "Gesichter des Lebens" versucht dies sichtbar zu machen. Auch in unseren BILDBÄNDEN.
Ein dickes Danke an Jürgen der sich verantwortlich zeichnet für den Text.
Ich möchte Danke sagen, an meine Herzensmenschen die mich unterstützen und tragen. Danke an meinem geliebten Lebenspartner und an meinem Sohn. Danke an meine liebste Freundin Edda, die mich immer stärkt und mich unterstützt. Es ist schön, wenn Ihr hier mit dabei seit. Danke ❤️.
Fotografiert wird mit Nikon Z7II und dem Nikkor Z 50mm F/1,2S und Nikon Z6II und dem Nikkor Z 85mm f/1.8S.
„Genderhinweis: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf eine geschlechtsneutrale Differenzierung verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für beide Geschlechter. Die verkürzte Sprachform beinhaltet keine Wertung.“
Hinterlasst mir hier gerne einen Kommentar, ich freue mich darauf. Danke!
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Jörg W. (Montag, 01 Juli 2024 14:39)
Danke für diese Fotos und den Text, nun habe ich wieder einiges lernen dürfen zur Marine.
Liebe Frau Mies Ihnen alles Gute im weiteren Leben und tolle Laufmomente.
Herzliche Grüsse sendet Jörg W.