Mein erster Eindruck von Alexander Ulrich lautet; was für ein disziplinierter Mensch.
Mir fiel bereits beim Fotografieren seines Trainings in der Sportschule Warendorf seine hohe Konzentrationsfähigkeit auf. Alex kann sich mental tief in die nötige Ruhe versetzen, die er für seinen Sport braucht. Ich bemerke ein leichtes Lächeln über sein Gesicht huschen als er den Diskus in die Hand nimmt, fast wirkt es, als vereinige er wohlwollend seine Hand mit dem Sportgerät.
Alex, seit 1999 bei der Bundeswehr, ist Stabsfeldwebel der Feldjägertruppe. Als Teilnehmer der Invictus Games für Veteranen in Den Haag tritt er in den Disziplinen Diskuswurf, Rudern und Liegerad an. Die letzten beiden Wochen im Trainingslager hat er intensiv an seiner Technik gefeilt.
Aus gesundheitlichen Gründen wurde ihm einst empfohlen das Sportgerät Liegerad auszuprobieren. Das Fahren fördert die körperliche Fitness in schonender Weise.
„Ich bin so gerne Rad gefahren, aber wegen einer Störung des Gleichgewichtssinnes hätte ich irgendwann andere Menschen gefährdet. Zum Anfang habe ich das Liegenrad richtig abgelehnt, weil es ja auch drei Räder hat und die Position sehr viel niedriger ist, als bei einem normalen Rad. Ich kam mir richtig doof vor. Einmal wollte ich mit Kameraden zum Eisessen in die Stadt fahren. Ich musste erst von meinen Kameraden überredet werden, dass ich zur Eisdiele fahre..
Heute bin ich so stolz, dass ich bei den Invictus Games auch in der Disziplin Liegerad teilnehme!
Mein langfristiges Ziel ist es, irgendwann wieder auf einem Mountainbike zu fahren. Dafür trainiere ich parallel privat zu Hause.“
Unser Gespräch während des Shootings habe ich aufgenommen und ich veröffentliche es hier. Zuhören ist ein wichtiger Teil meines Fotoprojektes „Gesichter des Lebens“. Ich schenke den Menschen Zeit und meine volle Aufmerksamkeit .
Dass Alex jetzt so vor mir steht, ist seinem starken Willen, unbedingte Lebensfreude und seiner eisernen Disziplin zu verdanken. Er kehrte mit großen seelischen Beeinträchtigungen aus seinen dienstlichen Auslandseinsätzen zurück. Er wollte dies zunächst nicht wahrhaben, bis bei ihm eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) diagnostiziert wurde. Mithilfe der Sporttherapie kämpfte er sich schrittweise in einen strukturierten Lebensalltag zurück.
Gleichgewichtsstörungen und motorische Defizite infolge einer weiteren Erkrankung eines Schädelbasistumor machen ihm zusätzlich zu schaffen.
„Ich musste am Rollator und am Gehstock laufen. Mit der Zeit wollte ich unbedingt wieder unabhängiger durch mein Leben gehen und begann mit der Langzeittherapie an der Sportschule.
Als ich vor zwei Jahren mit dem Diskus - Training begann konnte ich keine zwei Sekunden auf einem Bein stehen. Ich konnte die Muskulatur von Bein und Arm nicht gleichzeitig kontrollieren. Genau an diesen Abläufen habe ich ganz fokussiert trainiert.
Dabei hat mir mein fester Wille geholfen. Ich will das fast Unmögliche erreichen.
Mein großes Ziel ist es, den Diskus aus der Drehung und nicht nur aus dem Stand heraus zu werfen. Durch konsequentes Arbeiten an der Technik werde ich es schaffen!“
Alex konnte bereits 2020 ein erstes sportliches Ziel erreichen. Er wurde Deutscher Meister im Diskuswurf und 2022 ebenfalls deutscher Meister und Vizemeister im Speerwurf bei den Deutschen Parameisterschaften seiner Klasse.
„Ich versuche mich physisch und psychisch immer weiter zu verbessern. Mentale Stärke ist neben dem körperlichen Training so wichtig.“ Sport verbessert neben den Therapien, seiner Medikation den Alltag von Alex. Die Verbesserung der allgemeinen Fähigkeiten kommen Ihm jeden Tag zu Gute.
„Mein Sport ist für mich wie Urlaub. Wenn ich die Leichtathletikhalle betrete bin ich glücklich. In unserem Invictus Games Team motivieren wir uns gegenseitig ohne Druck. Keiner hat Erwartungen an den anderen. Hier macht jeder was er kann und was für ihn gut ist. Das ist der besondere Spirit, wir sind ein Team.“
Alex ist ein ausgeglichener Mann. Selbst beim Wettkampf lässt er sich nicht so leicht unter Druck setzen. „Es geht bei den Wettkämpfen nicht um Medaillen - Gold, Silber und Bronze. Wir haben doch schon alle gewonnen! Die Teilnahme an dem internationalen Wettbewerb ist ein riesiger Erfolg für jeden Einzelnen unserer Mannschaft.“
Wer begleitet dich nach Den Haag?
„Mein Sohn und meine Lebenspartnerin, meine Ma und ihr Lebenspartner, Schwiegerpapa und Schwiegermama jeweils mit Lebenspartnern und dazu noch ein paar Kameraden meiner Dienstelle.“
Er lächelt während er seine große Fangruppe von Family & Friends aufzählt. „Diese gemeinsame Zeit, diese Erlebnisse, diesen Spirit kann uns keiner nehmen. Das bleibt in unserem Kopf. Daraus können wir positiv auftanken für unseren weiteren Weg.“
Alex möchte noch Danke sagen "meine Lebenspartnerin und meinem Sohn, die auch abseits des Sports immer an meiner Seite sind".
Was wünscht du dir, Alex? „Ich wünsche mir so sehr, dass unsere wahnsinnigen Leistungen von der Gesellschaft geschätzt aund anerkannt werden. Und ich möchte etwas zurückgeben und denjenigen danken, die mich unterstützt haben. Jeder einzelne Mensch sollte einmal über Menschlichkeit und respektvollen Umgang Miteinander nachdenken!“
Ein so wertvolles Gespräch, danke Alex!
Ich wünsche dir weiterhin ganz viel Freude bei deinem Sport! Alles Liebe und Gute!
Alle Teilnehmer ereilte zuvor das gleiche Schicksal. Sie erlitten während ihrer beruflichen Einsätze unterschiedlichste Beeinträchtigungen ihrer Gesundheit: körperliche Verletzungen, Traumata oder psychische Erkrankungen. Sie nahmen zur Wiedererlangung ihrer Zukunftsperspektiven an oftmals langjährigen therapeutischen Maßnahmen teil. Einen ganz besonderen Spirit sowie die Unterstützung des gesamten Teams spüre ich hier bei den vorbereitenden Trainingstagen in der Sportschule Warendorf. Ein besonderer Dank geht dazu auch an das Team der Sporttherapie wie Katja und Naif, dem Trainerteam und an Judith vom Team IG23.
Vom 16. - 22. April 2022 ist die Mannschaft dann im Zuiderpark von Den Haag und Ihr könnt noch mitkommen. Hier bei FUAV e.V. könnt Ihr noch schauen ob Ihr mitfahren könnt und die tolle Mannschaft vor Ort mit anfeuer und erleben könnt.
Es schliesst sich für mich ein weiterer Kreis als Mensch und als Fotografin. Beim Fotografieren braucht es Empathie um Menschen zu berühren, zu verbinden, sichtbar zu machen. Mit meinem fotografischen Blick auf die Menschen, Soldaten, Veteranen gehe ich einen weiteren Schritt. Zu wissen das mein / unser Projekt "Gesichter des Lebens" dabei wächst, macht mich stolz, da ich die Menschen liebe und gerne fotografiere. Diese Mannschaft zu fotografieren, dieses Vertrauen zu ihnen wachsen zu lassen und mit meinen Fotos ihnen ein Stückchen Menschlichkeit zu schenken, macht es besonders wertvoll.
Veteran sein heisst auch: Mensch sein. Sehen-Spüren-Fühlen. "Gesichter des Lebens" versucht dies sichtbar zu machen.
Die nächsten Wochen werdet ihr die einzelnen Shootings + Interviews hier als einzelne Beiträge finden, am besten immer auf dem Laufenden bleiben. Auch hier bei Instagram. Danke ❤️.
Ich möchte Danke sagen, an meine Herzensmenschen die mich unterstützen und tragen und mir immer wieder Tipps geben zu meinem Fotoprojekt. Danke an meinem geliebten Lebenspartner und an meinem Sohn.
Ein dickes Danke nach Kenia an meine liebste Freundin Iris, die sich verantwortlich zeichnet für die Texte. Danke an meine liebste Freundin Edda, die mich immer stärkt und mich unterstützt. Danke an Simone und Heike, meine Fotografinnen Gang und wunderbare Freundinnen und Frauen. Danke ❤️.
Fotografiert wird mit Nikon Z7II und dem Nikkor Z 50mm F/1,2S und Nikon Z6II und dem Nikkor Z 85mm f/1.8S.
„Genderhinweis: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf eine geschlechtsneutrale Differenzierung verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für beide Geschlechter. Die verkürzte Sprachform beinhaltet keine Wertung.“
Hinterlasst mir hier gerne einen Kommentar, ich freue mich darauf. Danke!
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Frank Müller (Sonntag, 03 April 2022 09:24)
Liebe Daniela und lieber Alexander danke für diesen Artikel und die tiefen nahen Fotos. Alexander Ihnen möchte ich danken für Ihren Mut und Kraft diesen Weg zu gehen, Sie sind ein Vorbild. Ein Vorbild für Menschen, Soldaten und Veteranen meine Hochachtung.
Daniela für Ihre Fotografie möchte ich Danke sagen, danke das Sie uns Soldaten und Veteranen so zeigen wie wir sind, menschlich ... Ihre Fotografie ist so tief das ich beim betrachten Tränen in den Augen hatte. Danke das Sie diese Mannschaft - also so wie ich, Soldaten sichtbar machen. Ihr Projekt hat sehr viel Hochachtung verdient und ich freue mich auf weitere einmalige Fotos und Artikel.
Herzlich gegrüsst Frank Müller
Simone (Sonntag, 03 April 2022 11:42)
Daniela ich bewundere deine Arbeit schon lange, als Fotografin hast Du ein Talent was man nicht oft findet, deine Fotos sprechen vor Liebe zu den Menschen die Du fotografierst.
Mit diesem Fotoprojekt tust Du etwas was unserer Welt so gut tut ... Menschlichkeit sichtbar machen.
Herr Ulrich Ihnen wünsche ich alles was Sie sich wünschen, Sie können so stolz auf sich sein.
Danke das ich nun auch die Invictus Games kenne.
Danke sagt Simone aus Aschaffenburg.